[2005-06-14] 
 

Das gute Buch


Das gute Buch auf meinem Nachtisch. Ich mag es nicht.
Sie hätten es als Hauptgang neben dem Fisch- und dem Fleischgang servieren sollen. Dann wäre es eine Wahl gewesen. Aber das sagt niemand.
Stattdessen lobt jedermann und jedefrau die Komposition dieses Nachtischs. Eine-r fängt damit an. Alle stimmen ein. Gemischter Kanon.
Mir wird inzwischen schlecht, doch niemand nimmt meine graue Gesichtsfarbe wahr. Ich auch nicht, denn ich habe ja keinen Spiegel dabei. Nun, ich weiß auch ohne Spiegel, wie ich im Augenblick aussehe, selbst wenn ein Blick aus Augen manchmal mehr ist als ein Spiegel. Ich bleibe ruhig, denn noch nicht einmal einen Blick aus Augen muss ich befürchten:  
Sie betrachten das Buch. Den kulinarischen Genuss. Es liegt schwer auf dem Nachtisch. In seiner Schwere erhält es Gewicht. Ein Gewicht, das den Nachtisch zu Großem erhebt, zu Erhöhtem, zu einer erleuchteten Erhebung.      Ein Brechreiz macht sich in mir bereit. O nein. Nicht hier. Nicht auf dem Nachtisch. Dem Guten. Mit dem Buch. Dem Guten. Es hat mich nicht verdient. Zum Kotzen gehe ich lieber auf die Toilette.