[2007-02-02] 
 

Kuhfladen, Teil 3


Die Rettung näherte sich in Gestalt des Bauern. Er kam, um die Kühe zu füttern und die Tränke mit Wasser zu füllen. Damit könnte ich meinen Fuß mitsamt dem Schuh reinigen und, zwar nass aber sauber, endlich weitermarschieren. Der Bauer saß hoch oben auf dem Traktor und schaute zu seinen Kühen. Die kleine Menschenfigur, die da heftig winkend in den Absonderungen seiner Milchwirtschaftsvertreterinnen steckte, übersah er. Geflissentlich?
              Bauern haben bekanntlich ein misstrauisches Gemüt und wittern den Feind, sobald einer mit sauberen Schuhen daher kommt. Unter diesem Aspekt gehörte ich in jenem Moment eigentlich nicht zur Garde der Unerwünschten, aber vielleicht dachte er, ich hätte mich unrechtmäßig an den Hinterlassenschaften seiner Milchgeldbringenden Vierbeiner bereichert. Schließlich gehört das, was aus den Viechern raus fällt, rein rechtlich dem Bauern und nicht einem dahergelaufenen Fremden, der, verdächtig genug, seinen Schuh damit füllt. Wir sind zwar nicht im Märchen, wo aus Scheiße Gold wird, aber was weiß denn ich, was so ein Bauer denkt, wenn er zu ahnen glaubt,  dass da einer unrechtmäßig durch seinen sorgsam wiedergekäuten Besitz watet. So etwas kann zu ungeahnten Konflikten führen, wie man aus der großen Politik weiß.
  Der Gedanke, dass der Bauer mich als verkappten Goldsucher betrachten könnte, trieb mir den Schweiß auf Stirn. Ich bin zwar beileibe kein Feigling, aber gegen einen Traktorbesitzer mit möglichen Mordgelüsten fühlte ich mich in meiner Lage nun doch etwas im Nachteil und wäre um eine gute Fee dankbar gewesen, die mich per Wünschelrute oder einem sonstigen geeigneten Gerät in die Unsichtbarkeit verwandelt hätte.
  Im nächsten Moment wusste ich, dass die Fee schon da gewesen war. Der Bauer fuhr nämlich völlig ungerührt und ungebremst auf mich zu. Ob er dabei grimmig guckte, oder triumphierend, oder sich ins Fäustchen lachend, weiß ich nicht mehr, denn ich fiel angesichts dieser zwei Meter hohen Dickmann-Reifen einfach um. Lieber als schwächlicher Stadtmensch ohnmächtig überfahren werden als wie ein Mann und aufrechter Kämpfer sehenden Auges von diesem Monster platt gemacht zu werden. Das Letzte, was ich hörte, war ein Tuckern, das ich bis in die letzten Lebenszüge meiner schwindenden Erinnerung als beruhigend und angenehm empfunden hatte, nun aber als Vorgesang aus der Hölle interpretierte.


Fortsetzung folgt