[2006-05-22] 
 

Stückwerk


Beim Spaziergehen fand ich einen Kopf, zwei Arme und zwei Beine.
Ich rief meine Kinder. Sie sollten mir tragen helfen.
Zuhause pflanzte ich den Kopf in einen Blumentopf.
Die beiden Arme steckte ich rechts und links vom Topf in die Erde. Hände nach oben.
Die beiden Beine stellten die Kinder vorläufig ans Gartentor.
    Im Klamottenladen schnitt ich die Etiketten von den Kleidern. Ich brauchte sie als Schmuck für die Finger der Hände, die mir zu nackt vorkamen. Das Drapieren war nicht leicht, weil die Hände zu Fäusten geballt waren, die ich erst aufbiegen musste. Dabei stellte ich fest, dass die Nägel der Finger Schmutzränder hatten. Ich holte ein spitzes  Küchenmesser und versuchte, die Nägel damit zu säubern. Weil die Finger mich jedoch so starr anstarrten, schnitt ich erst einmal ein paar Kerben in die Fingerkuppen. Dann ging es leichter.
    Nach getaner Arbeit bildeten die beiden Arme mit den Händen und den Fingern mit den flatternden Etiketten und dem Blumentopf-Kopf ein ansehnliches Gesamtkunstwerk.

Als es zu regnen begann, stellte ich fest, dass weder die Arme mit den Händen und den Etiketten-Fingern noch der Kopf wachsen wollten. Das betrübte mich. Deshalb baute ich eine kleine Hütte um das Kunstwerk. Wenn es schon nicht wachsen wollte, sollte es auch nicht nass werden.
    Oben drauf stellte ich einen Pott mit Geranien. Ein bisschen Farbe braucht der Mensch schließlich. Später wuchs Efeu drüber. Das war auch schön.
    Die beiden Beine waren eines Tages vom Gartentor verschwunden. Die Kinder waren damit weg gelaufen.